Kein schöner Land

Ein deutscher Volksliederabend

Was machten eigentlich unsere Vorfahren, wenn ihnen langweilig wurde, in der Zeit, als das Fernsehen noch nicht erfunden und an Internet und Handys nicht zu denken war? Vermutlich saßen sie am Lagerfeuer, in der Kneipe oder zu Hause mit Familie und Freunden und fingen zu schunkeln an. Den modernen Menschen überkommt Sangeslust nur noch selten, höchstens in rauschähnlichen Zuständen, wo der Text eher eine Nebenrolle spielt. Was von Vorteil ist, weil die meisten sowieso nach der ersten Strophe kapitulieren müssen. Glücklicherweise haben frühe Heimatforscher diese Verse und Melodien aufgeschrieben und gesammelt. Die schönsten und traurigsten Lieder wanderten von Mund zu Mund und wurden von Generation zu Generation weitergereicht, umgedichtet, neu vertont oder bekamen zusätzliche Strophen. Sie handeln von Heimweh, Weltensehnsucht, Treueschwüren, Abschiedsschmerz, von Mord und Totschlag, Liebeslust und Überlebenskunst. Aus diesem unendlichen Liederschatz haben wir einen bunten Reigen zusammengestellt – von fröhlich bis kämpferisch, von traumhaft bis trunken, von scherzhaft bis ulkig.

Seien Sie herzlich willkommen in den Thüringer Bauernhäusern im Heinepark, wenn das Schauspielensemble Lieder und Gedichte aus den vergangenen Jahrhunderten für sich entdeckt und den Singvögeln in der Abenddämmerung Konkurrenz macht. Wo man singt, da lass dich ruhig nieder… Mitsummen oder Mitsingen ist ausdrücklich erwünscht.


Pressestimmen

Ein Geniestreich
31.08.2024, MDR Kulturdesk, von Matthias Schmidt

„Der deutsche Volksliederabend in Rudolstadt hat keine Botschaft, er beansprucht ’Heimat‘ auf befreiende Art“, schreibt der Theaterkritiker Matthias Schmidt über die erste Premiere der neuen Spielzeit zwei Tage vor der Landtagswahl. Auf den ersten Blick sei „Kein schöner Land“ nur ein bezauberndes Theatererlebnis. „Eine großartige Mischung aus hauptsächlich bekannten Volksliedern, musikalisch hervorragend vorgetragen auf einer Freilichtbühne an den Thüringer Bauernhäusern“. Aber was Intendant und Regisseur Steffen Mensching gemeinsam mit Chefdramaturg Michael Kliefert auf die Bühne gestellt hat, sei auf den zweiten Blick noch viel mehr als das. „Denn obwohl es keine großartige Handlung rundherum gibt, keine ausdrückliche politische Ebene, kann man diesen Abend als hochpolitisch wahrnehmen.“ Die Inszenierung setze ein Zeichen: Theater verbindet. Der Schatz an deutschen Volksliedern werde gehoben und denen weggenommen, die versuchen, das Thema „Heimat“ populistisch zu kapern. Der Volksliederabend mit einem großartigen Ensemble changiere gekonnt zwischen Pathos und Humor. „Man spürt Teamgeist, man erlebt die Kraft der Musik.“

Am letzten Lagerfeuer
02.09.2024, Theater der Zeit, Michael Helbing

„Das ist, und entspricht insofern der Programmatik des Hauses, ein integrierender Abend, der niemanden vor den Kopf stoßen und schon gar nicht mit Zaunpfählen winken mag. Eines subtilen und mitunter subversiven Untertons enthalten sie sich deshalb aber noch lange nicht.“ Das Theater flackere einmal mehr als letztes Lagerfeuer auf, um das sich einstweilen noch alle versammeln können oder könnten. Es gehe um Besinnung und Besinnlichkeit gleichermaßen. „Jenseits aller Subtexte bedeutet das rein handwerklich einen dramaturgisch gut gebauten Abend mit einem gewissen Spannungsbogen, beginnend mit fünf singenden Schauspielern, Schritt für Schritt auf acht erweitert. Jedes Lied wird szenisch gestaltet und erzählt auch jenseits der Texte Geschichten, viele kommen zudem musikalisch überraschend daher. In Summe wirkt das ziemlich kitschbefreit wie es sich auch über die kühn gemalte Landschaftskulisse unter bunten Lampions sagen lässt…“ Der Abend erweise sich als listig und geschickt zwischen Subtext und Kontext. „Er zurrt und nagelt, bei spielerischer Raffinesse, nichts fest, sondern führt unter freiem Himmel intellektuell ins Offene. Das wirkt jenseits allen propagandistischen Theaters widerständiger als es scheint.“


Stückinfos

Premiere: 30.08.2024
Spielort: Rudolstadt, Thüringer Bauernhäuser


Mitwirkende

Szenische Einrichtung: Steffen Mensching, Michael Kliefert
Bühne und Kostüme: Ronald Winter
Musikalische Leitung: Thomas Voigt, Udo Hemmann

Mit: Johannes Arpe, Laura Bettinger, Rayk Gaida, Johannes Geißer, Marcus Ostberg, Markus Seidensticker, Katrin Strocka, Clara Sindel


Termine

So, 29.12.2024, 18:00 Uhr
Rudolstadt, Theater im Stadthaus