Der zerbrochne Krug

Ein Lustspiel von Heinrich von Kleist

Scherben bringen Glück, behauptet das Sprichwort. Anders in dieser Geschichte, bei der sich aus einer scheinbaren Bagatelle ein zünftiger Skandal entwickelt. Frau Marthe Rull tritt vor den Dorfrichter Adam mit einem lädierten Stück Steingut und einem konkreten Verdacht. Denn nicht nur ihr wertvoller Krug ist dahin, sondern, so vermutet Marthe, auch die Ehre ihrer Tochter Eve. In deren Zimmer ging das Corpus Delicti zu Bruch, während sich ihr des Nachts ein männlicher Besucher aufdringlich näherte. Sie beschuldigt Ruprecht, Eves Verlobten, der Tat. Der wird nun in Begleitung seines Vaters zusammen mit weiteren Zeugen verhört. Jeder Vorgeladene pocht vor Gericht auf seine ganz eigene Wahrheit. Und bei all dem Durcheinander und der Vielzahl der Perspektiven auf das Geschehen gerät der eigentliche Hüter der Ordnung, Richter Adam, zunehmend ins Visier der Ermittlungen. Im haarsträubenden Selbstbehauptungskampf, jeglichen Verdacht von sich ablenkend, versucht er, mit spitzfindigen Mitteln und doppelzüngigen Reden seinen Kopf aus der Schlinge zu ziehen. Dummerweise erscheint zur Unzeit der hohe Gerichtsrat Walter, der die Verhandlungen mit Argusaugen überwacht und höchst eigensüchtige Interessen verfolgt.

In fast obsessiver Weise führte Heinrich von Kleist in seinen Dramen und Erzählungen die bestehenden Ordnungen und Regeln seiner Zeit an die Grenze der Belastbarkeit. So auch hier. Am Ende des Lustspiels steht so manches auf dem Prüfstand: Liebe, Familie, Staatsraison, Unschuld. Bei seiner Uraufführung 1808 im Weimarer Hoftheater noch ausgepfiffen, gilt Heinrich von Kleists Stück ob seines brillanten Sprachwitzes längst als eine der, wenn nicht gar als die turbulenteste Gerichtskomödie deutscher Sprache.

Am 23.9. sowie am 07.02.2023 findet jeweils um 19 Uhr eine Einführung in der Theaterbar statt.

Wir danken Pankonin Rechtsanwälte für ihre Unterstützung im Rahmen der Stückpatenschaft.


Jochen Ganser im Interview zu »Der zerbrochne Krug«


Pressestimmen

Kritik in der Ostthüringer Zeitung (Auszug)
16.05.2022, von Ulrike Kern

Kritikerin Ulrike Kern zeigt sich von Heinrich von Kleists »kurzweiligem Lustspiel aus Verstrickungen und Ausreden« angetan. Ausstatterin Teresa Monfared wird gelobt, für das Stück »einen perfekten Rahmen« geschaffen zu haben, nicht zuletzt durch das »dreistöckige, orangefarbene überdimensionale Luftkissen, [welches] die Bühne für das ganze Geschehen« bildet. Auch Schauspieler Matthias Winde überzeugt: Er füllt seine Rolle als Dorfrichter Adam »großartig und in aller Durchtriebenheit und Spitzfindigkeit« aus. Durch die von Kleist geschaffenen und von den Schauspielerin rezitierten »herrlich hintergründig-komischen Wortwechsel« besteht »der eigentliche Reiz für die Zuschauer darin, den ausufernden Argumentationen und Verstrickungen der Beteiligten beizuwohnen«. Nicht zu vernachlässigen sei auch die Aktualität dessen, was der gesellschaftskritische Kleist in seinem Stück offenlegen wollte: »Machtmissbrauch, Urkundenfälschung und Erpressung« durch die höchste Instanz.


Stückinfos

Premiere: 26.03.2022
Spieldauer: 1 h 50 min / keine Pause
Spielort: Rudolstadt, Theater im Stadthaus
Altersempfehlung: ab 15 Jahren


Mitwirkende

Regie: Markus Fennert
Bühne und Kostüme: Teresa Monfared
Dramaturgie: Katja Stoppa
Theaterpädagogik: Friederike Dumke

Gerichtsrat Walter: Ute Schmidt
Dorfrichter Adam: Matthias Winde, Steffen Mensching
Schreiber Licht: Jochen Ganser
Frau Marthe Rull: Ulrike Gronow
Eve Rull: Kathrin Horodynski
Ruprecht Tümpel: Franz Gnauck
Frau Brigitte/Bedienter: Marcus Ostberg