Herscht 07769

Nach dem gleichnamigen Roman von László Krasznahorkai (Uraufführung)

In der Übersetzung von Heike Flemming

Wenn Florian Herscht zum Himmel blickt, empfindet er das Universum als komplett schutzlos, und mehr noch: Für ihn ist die Welt in existentieller Gefahr. Sein Problem ist, dass niemand ihm glaubt, weder Herr Köhler, der ihn erst auf die Quantenphysik aufmerksam machte, noch Frau Ringer, die Bibliothekarin, auch Dr. Angela Merkel im Kanzleramt nicht, die sofort die UNO benachrichtigen müsste, aber seine Warnungen ignoriert, ganz zu schweigen vom Boss. Der hat nur Johann Sebastian Bach im Kopf, die Nationalhymne und das Vierte Reich. Der Boss hat Florian aus dem Heim geholt und als Gebäudereiniger angestellt. Gemeinsam fahren sie durch Thüringen, um Graffitis zu entfernen, die neuerdings an Bach-Gedenkstätten gesprüht werden. Herscht ist ein Eigenbrötler, ein riesiges Muskelpaket mit kindlicher Seele, er hilft allen, so gut er kann. Am liebsten jedoch sitzt er auf der Bank an der Saale, nur sonnabends muss er in die Turnhalle, zu den Proben der Kanaer Symphoniker, um sein Gehör zu trainieren. Ansonsten verläuft der Alltag im schönen Thüringen in gewohnten Bahnen, aber plötzlich mehren sich die Zeichen von Chaos und Angst: Erst tauchen die Wölfe unweit der Leuchtenburg auf, dann geschieht nahe der Bundesstraße 88 ein Unglück. Und Florian geht auf einmal ganz eigene Wege.

Mit »Herscht 07769« schrieb der preisgekrönte ungarische Autor László Krasznahorkai (*1954) einen Deutschland-Roman, der zeitgenössischer nicht sein kann. Mit Witz, Sarkasmus und Kenntnisreichtum beschreibt er das Leben in einer thüringischen Kleinstadt namens Kana, die irgendwo zwischen Rudolstadt und Jena liegt und zum Brennspiegel der Welt wird.

Wir danken dem Auktionshaus Wendl für die Unterstützung im Rahmen der Stückpatenschaft.


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Pressestimmen

Dichtes Sittengemälde
28.11.2022, Ostthüringer Zeitung, von Ulrike Kern

Ulrike Kern von der Ostthüringer Zeitung beschreibt die Inszenierung als »großes Ensemblestück«, aus dem Franz Gnauck als Florian Herscht herausragt, hebt aber auch die »eindrucksvolle düstere Kulisse« von Andrea Eisensee und den »hervorragenden Akkordeonisten Uwe Steger« hervor. Die Inszenierung lebe »von einer dichten Handlung, von großer Personage und sich überschlagenden Ereignissen«. Das Ensemble meistere den Stoff mit Bravour, schreibt Kern: »Eine bemerkenswerte Leistung, die in ihrer Wucht und Wirkung nicht oft zu erleben sein wird.«

»Herscht« in Rudolstadt: »Ein Wahnsinnsstück«
28.11.2022, Ostthüringer Zeitung, von Guido Berg

Für Guido Berg von der Ostthüringer Zeitung ist »HERSCHT 07769« ein »heißes Eisen« und »Theater-Ereignis«, dessen Experiment als Sensation glücke. »Es ist ein Gegenwartsstück in einer gefährlich aufgeheizten Gegenwart.« Die Inszenierung lässt Berg an Shakespeare und Heiner Müller denken. Zu Wort kommen auch einige Premierengäste. Die sprechen von einem »Spiegelbild der Bundesrepublik«, einem »Wahnsinnstück« und meinen: »So muss Theater sein.«

»Herscht 07769« am Theater Rudolstadt: eine großartige Ensembleleistung
28.11.2022, MDR Kultur, von Matthias Schmidt

Matthias Schmidt von MDR Kultur lobt die bravouröse Umsetzung des Romanstoffs auf der Theaterbühne: »Funktioniert hervorragend«. Für ihn ist der Akkordeonist Uwe Steger der eigentliche Star des Abends, der die leicht melancholische Stimmung vorgibt, auch wenn es großartig sei (und erschreckend zugleich), Franz Gnauck bei der Entwicklung der Hauptfigur zuzuschauen. Die Uraufführung ist für Schmidt »alle Male eine große Ensembleleistung«.

Unsere kleine Stadt
01.12.2022, Freies Wort, von Henryk Goldberg

Vor allem nach der Pause ist die Inszenierung ganz auf der Höhe des Buches, wie Henryk Goldberg findet. Wenn der Chor Florians Geschichte erzählt, tut er dies: »präzise, kraftvoll, antikische Wucht.« Das Ensemble, das Kollektiv sei hier viel stärker als all die »banalen Einzelnummern« und Alltäglichkeiten, von denen Goldberg im ersten Teil schreibt. »Hier entspricht die materielle Wirklichkeit der Bühne der literarischen des Buches, hier ist das Theater bei sich und seinen Möglichkeiten, woran der Musiker-Engel Uwe Steger prägenden Teil hat.« Unterm Strich hat sich die Inszenierungen »ihren rhythmischen Schlussapplaus nach der Pause rechtens erworben«.

Der Koloss
08.12.2022, Theater der Zeit, von Michael Helbing

Laut Michael Helbing von Theater der Zeit ist Franz Gnauck ein Grund, warum das Theater Rudolstadt es wagen könne, den Roman »Herscht 07769« auf die Bühne zu bringen. Gnauck stelle der körperlichen eine innere Kraft zur Seite und »spielt überzeugend: Metamorphose«. Der Abend setzt nach Helbing mit großem Aufwand und Ansätzen antiker Tragödie ganz auf die Fabel, die er konsequent durcherzähle.


Stückinfos

Premiere: 26.11.2022
Spieldauer: 3 h 15 min / inklusive Pause
Spielort: Rudolstadt, Theater im Stadthaus


Mitwirkende

Regie: Alejandro Quintana
Bühne und Kostüme: Andrea Eisensee
Musik und Arrangements: Uwe Steger
Choreografie: Catalina Tello Aranguiz
Dramaturgie: Michael Kliefert

Florian Herscht: Franz Gnauck
Adrian Köhler: Frank Lienert-Mondanelli
Sybille Ringer: Anne Kies
Mark Ringer: Markus Seidensticker
Frau Schneider: Verena Blankenburg
Frau Burgmüller: Ute Schmidt
Jessica Volkenant: Laura Bettinger
Horst Volkenant: Michael Goralczyk
Frau Hopf: Franka Anne Kahl
Vertreter: Johannes Arpe
Ermittler 1 / Polizist: Jochen Ganser
Ermittler 2 / Ein Reporter: Rayk Gaida
Boss: Benjamin Petschke
Jürgen: Johannes Geißer
Fritz: Marcus Ostberg
Andreas: Jakob Köhn
Karin: Kathrin Horodynski
Nadir: Catalina Tello Aranguiz/Lorena Valdenegro
Rosario: Majd Barakat
Herr Feldmann: Thomas Voigt
Ein ramponierter Engel, Musiker: Uwe Steger
Chor der Kanaer: Ensemble