Stück nach Michail Bulgakow von Niklas Rådström
Deutsch von Steffen Mensching (Deutschsprachige Erstaufführung)
In Moskau ist der Teufel los! Höchstpersönlich begibt sich der Leibhaftige zu Anfang der 1930er Jahre in die russische Hauptstadt, getarnt als Wissenschaftler und Professor für Magie mit Namen Voland. Er berichtet von Jesus Christus wie von einem alten Bekannten, mit dem er täglich Umgang pflegte. Aufgebrachte Sowjetbürger, Schriftsteller vor allem, die den Professor treffen, sind sich einig: Der Mann ist entweder ein Betrüger oder ein Agent, wahrscheinlich beides. Voland und seine Spießgesellen – ein großer Kater und eine Kreatur namens Fagott – stellen den Moskauer Alltag auf den Kopf. Valuta fliegen durch die Luft im Varieté, ein Dichter gerät unter die Straßenbahn, ein anderer landet im Irrenhaus. Einzig Margarita, die Geliebte eines unglücklichen Romanciers, genannt der Meister, der seit Jahren an einem Buch über Pontius Pilatus schreibt, steht beim Professor in der Gunst. Sie erhält einen Freiflug als Hexe und darf auf den großen Ball des Satans. Am Ende sorgt der Teufel dafür, dass die Guten ihre Chance erhalten, aber Ganoven und charakterlose Lumpen über ihre eigenen Verstrickungen stolpern. Diabolische Gerechtigkeit.
Michail Bulgakows (1891–1940) Kultbuch ist eine geniale Satire auf die Folgen der russischen Revolution, die vor hundert Jahren, 1917, begann und in der Stalin-Diktatur endete. Der Autor diktierte die letzten Manuskriptseiten vom Sterbebett aus. Eine erste, zensierte Ausgabe des Romans erschien 1967. Die Stückfassung des Schweden Niklas Rådström, die in Rudolstadt als deutschsprachige Erstaufführung gezeigt wird, feierte 2014 am Königlichen Nationaltheater Stockholm ihre Premiere.
Wir danken dem Auktionshaus Wendl für die Unterstützung im Rahmen seiner Stückpatenschaft.
Großartig sei das, was den Rudolstädtern mit dieser Inszenierung gelänge, kommentiert Matthias Schmidt die Premiere für MDR Kultur. Gesehen hat er „Theater alter Schule“, was für ihn überraschend gut funktionierte. Nur mit einfachen Mitteln, einer zusätzlichen kleinen Bühne auf der großen Bühne, welche die Ebenen des Stückes trennt, seien sie zugleich so spannend miteinander verwebt worden, dass „das Publikum mehr als drei Stunden gebannt sitzt (…) und dieser Inszenierung folgt. Eine Inszenierung, die „so vielschichtig ist, so unterhaltsam und ernst zugleich, dass sie nicht nur den Rudolstädter Spielplan schmückt, sondern auch an den großen Bühnen bravurös bestehen könnte.“ Schmidt lobt ausdrücklich das Ensemble. „Im Grunde müsste man sie alle namentlich erwähnen.“ Besonders gefallen habe ihm auch, wie souverän sich Quintana auf dem Grat zwischen Komik und Tragik bewege
Das ganze Gespräch zum Nachhören finden Sie unter diesem Link.
Als „zirzensisch aufgeladenes Theater, bei dem ein neunzehnköpfiges Ensemble in zahlreichen Rollen zwischen Gut und Böse und Blöd wechselt und zu gelenkig spielerischer Hochform aufläuft“, beschreibt Hans-Dieter Schütt im Neuen Deutschland die Inszenierung von Alejandro Quintana. Dieser, ein „bereitwilliger Expressionist“, „spielt präzise mit Farben, forciert mit stampfendem Schritt, federt in wiegendem Tanz, lässt pathetische Bewegungen in Starre ausglühen“. Dieses Theater könne sich ins „aufgekratzt Komödiantische“ steigern, um „plötzlich in tiefes Schmerzempfinden zu stürzen.“ „Ein Bravo für Rudolstadt!“
Die komplette Kritik finden Sie hier.
„Dreieinhalb Stunden Vollblut-Theater! Dreieinhalb Stunden Tollhaus, das auch die heutige Welt meinen könnte“, hat Kritiker Frank Quilitzsch zur Premiere erlebt. Regisseur Alejandro Quintana entfalte eine „tolldreiste Tragikomödie par excellence“, bei der das 19-köpfige Ensemble „präzise und wie im Rausch“ agiere. Das Spiegel-Bühnenbild von Henrike Engel beschreibt Quilitzsch als „raffiniert verkastelt“, das sich abwechselnd in die vielen Spielorte verwandeln kann.
Die ganze Kritik ist hier in der Online-Ausgabe gegen Entgeld nachzulesen.
Von der Frage, der „Trauer, was die brachiale Menschheitsbeglückung macht mit fragilem Menschenglück“, spricht Henryk Goldberg in seiner Kritik, die auf www.nachtkritik.de nachzulesen ist.
Premiere: 27.01.2018
Spieldauer: 3 h 10 min / eine Pause
Bühne und Kostüme: Henrike Engel
Regie: Alejandro Quintana
Musikalische Einstudierung: Thomas Voigt
Choreografie: Julieta Figueroa
Dramaturgie: Michael Kliefert, Johannes Frohnsdorf
Der Meister: Marcus Ostberg
Margarita Nikolaewna: Anne Kies
Voland: Matthias Winde
Korowjew: Johannes Geißer
Behemoth: Marie Luise Stahl
Pontius Pilatus / Iwan Saweljewitsch Warenucha: Johannes Arpe
Jeschua Han-Nasri / Patient in der Klinik / Stadtbewohner / Stimme aus dem Publikum / Zweiter Kriminalbeamter:
Latunski / Marcus Muribellum / Stadtbewohner / Glinka: Jakob Köhn
Levi Matthäus / Stadtbewohner / Patient in der Klinik / Stimme aus dem Publikum / Erster Kriminalbeamter: Oliver Baesler
Joseph Kaiphas / Grigoria Danilowa Rimskaja: Ute Schmidt
Patient in der Klinik / Stadtbewohner / Nikanor Iwanowitsch Bossoi / Afranius: Jochen Ganser
Michail Berlioz / Stadtbewohner / George Bengalski / Nikolai Iwanowitsch: Markus Seidensticker
Iwan Nikolajewitsch Besdomny: Benjamin Petschke
Skrjabin / Natalia "Natascha" Prokofjewna: Manuela Stüßer
Doktor Strawinski / Stadtbewohnerin: Verena Blankenburg
Stepan Bogdanowitsch Lichodejew / Maximilian Andrejewitsch Poplawski: Rayk Gaida
Patientin in der Klinik / Stadtbewohnerin / Stimme aus dem Publikum / Fokitsch: Ulrike Gronow
Patientin in der Klinik / Stadtbewohnerin / Stimme aus dem Publikum / Annuschka / Frieda: Laura Bettinger
Gäste auf Satans Ball / Monster: Ensemble:
Stadtbewohnerin:: Katrin Strocka